Klosterbrauerei Baumburg. Im Chiemgau ganz oben

Blühendes Kleinod

Der Rosengarten zu Füßen des 800 Jahre alten Schlosses Schedling in Trostberg

Im Herzen der Trostberger Altstadt befindet sich ein Kleinod: der Rosengarten im ehemaligen Klostergarten der Englischen Fräulein zu Füßen des 800 Jahre alten Schlosses Schedling. Der etwa 3500 Quadratmeter große Garten birgt über 330 verschiedene Rosensorten, die teilweise auf eine 2000-jährige Geschichte zurückblicken. Treibende Kraft ist Marita Protte – und das ehrenamtlich. Die heute 60-Jährige, die seit vielen Jahren historische Rosen der Region sammelt, vereinbarte mit der Stadt, den alten Klostergarten in einen öffentlichen Rosengarten umzuwandeln. Es ist der ideale Ort, um Schönheit, Duft, Vitalität und Besonderheit dieser vergessenen Rosen für jeden erfahrbar zu machen.

Im Juni 2004 weihte der damalige Trostberger Bürgermeister Ignaz Sperger den Rosengarten mit einem offiziellen Festakt ein. Mit dem Heranwachsen der Rosen und zunehmender Öffentlichkeit stieg die Zahl der Besucher und mit ihnen die Zahl der Freunde und Unterstützer. Immer mehr Menschen boten ihre Hilfe bei der Pflege des Gartens an. Seit 2012 kümmert sich der Förderverein Trostberger Rosengarten um das botanische Schmuckstück.

Die Anfänge des Gartens reichen jedoch schon weiter zurück: Nachdem Marita Protte 2001 im Trostberger Stadtrat ein Konzept präsentiert hatte, stellte ihr die Stadt das Gelände des alten Klostergartens in Schedling zur Verfügung, um einen Rosengarten zu schaffen. Hier sollten die von Marita Protte gesammelten Rosensorten weiter erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Auf ausdrücklichen Wunsch von Marita Protte überließ die Stadt Trostberg ihr die Pflege des Rosengartens – bis auf einige Ausnahmen wie schwere Erdarbeiten, Baumpflege und Schnitt der Obstbaumwiese. Marita Protte vereinbarte mit der Stadt, auf dem Gelände keinerlei Herbizide, Pestizide oder Fungizide einzusetzen. Gedüngt werden die Rosen ausschließlich mit selbstgewonnenem Kompost und alle zwei Jahre mit Rinder- und Pferdemist. Die Stecklingspflanzen zieht Marita Protte aufgrund des geringeren Aufwands in ihrem Privatgarten heran.

Erste Pflanzung vor 17 Jahren

Bereits im Herbst 2001 pflanzte Marita Protte in Schedling die ersten Fundrosen an. Fundrosen sind Rosen, die es zwar im Handel nicht mehr gibt, aber in Gärten von alten Villen und auf Friedhöfen. Seit 2001 erweiterte sich die Sammlung in jeder Pflanzsaison – von November bis März – um neue Fundstücke. Sämtliche Rosen des Gartens werden sowohl in einem Gartenplan als auch in einer elektronischen Datenbank erfasst.

„Die erste Rose, mit der alles begonnen hat, heißt Rosa x centifolia var. major“, erzählt Marita Protte. Wie kam sie zu ihrer Leidenschaft? „Weil für mich Gartenbau und Botanik interessant sind“, sagt die Trostbergerin, die ursprünglich aus Delbrück in Ostwestfalen stammt. Nach ihrem Abitur in Biologie und Englisch begann sie ein Biologie-Studium, brach es aber ab, weil Botanik bedeute, hauptsächlich im Labor zu arbeiten. Ihr neues Studium: Sozialpädagogik. „Die Botanik habe ich aber nie aufgegeben.“

Marita Protte hat den Rosengarten initiiert und aufgebaut.

Über Hamburg und Regensburg verschlug es Marita Protte nach Trostberg. 1985 zog sie hierher. Erst arbeitete sie in einer Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt in Traunreut, seit 2010 ist sie im Sozialdienst des Klinikums Traunstein tätig. Als Marita Protte in Trostberg ein Haus mit Garten mietete, schenkte ihr eine Freundin eine alte Rose ihrer Großtante. „Damals habe ich nicht viel mit Rosen anfangen können, aber als sie das erste Mal geblüht hat, war ich begeistert.“ Der Startschuss für ihre große Leidenschaft war gefallen.

Historischer Ort bietet idealen Rahmen

Aber wie kam es zustande, im Schedlinger Klostergarten das Projekt zu realisieren? Der Trostberger Rosengarten entstand aus dem alten, ummauerten Garten der Englischen Fräulein, die von 1862 bis 1992 im alten Schedlinger Schloss lebten. Im Jahr 1361 wird Schedling zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Der heutige Rosengarten war in seinem unteren Teil zu dieser Zeit vermutlich Wiesen- oder Ackerland. Seine heutigen Ausmaße wurden 1862 festgelegt, als Trostberg die Englischen Fräulein beauftragte, in dem alten Schlossgebäude eine Schule einzurichten. Sie ließen das Gartengelände ummauern und legten dahinter Gemüse- und Obstgärten an. Einige ihrer alten Obstbäume stehen noch heute im Rosengarten. Nachdem die Englischen Fräulein Trostberg verlassen hatten, übernahm die Stadt den Garten und gestaltete ihn 1999 um. Sie schliff die alte Klostermauer zum Teil und öffnete das Areal. Dieser historische Ort bietet den idealen Rahmen, die Sammlung alter regionaler, zum Teil schon vergessener Rosensorten der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Eine markante Geländestufe des Alztals teilt den großen Garten rund um das alte Schloss Schedling in drei Bereiche. Im unteren Teil mit altem Obstbaumbestand stehen einzelne Rosensträucher, deren zurückhaltende Pflanzung den wiesenartigen Charakter der Anlage erhalten. Ein Laubengang, im Wechselspiel berankt mit Wistarien, Bourbon- und Noisetterosen, schließt diesen Garten nach Osten ab. Im westlichen Bereich des Gartens sowie auf der obersten Geländestufe wurden Beete angelegt, um die Rosen nach Klassen angeordnet präsentieren zu können und Beispiele für eine ideale Begleitpflanzung zu geben. Hier erfolgt auch die deutschlandweit einzigartige Vergleichspflanzung aller Damascena- und Centifolienrosen, die in Zusammenarbeit mit dem Europa-Rosarium Sangerhausen und dem Genbanknetzwerk Rose durchgeführt wird. Der Steilhang unterhalb des Schlosses bleibt den Wildrosenabkömmlingen vorbehalten.

Überblick über das gesamte Rosengarten-Gelände in Trostberg.

Historische Rosen bieten sich durch ihre Winterhärte, ihren strauchigen Wuchs und ihre Robustheit geradezu an, um einen naturnahen Garten zu gestalten. Bei der Anlage des Rosengartens achtete Marita Protte darauf, verschiedene Lebensräume zu erhalten und zu gestalten. Erhalten und zum Teil erweitert wurden der Bestand aus alten (Obst-) Bäumen und heimischen Sträuchern sowie die alten Hangwiesen. Das bei den Pflegearbeiten anfallende Holz findet in der Anlage von Totholzstapeln Verwendung, die Hangwiesen werden nur zwei Mal im Jahr mit der Sense gemäht. Im oberen trockeneren Gartenteil bieten Steinhaufen und Strauchgesellschaften Lebensraum für Kleintiere. Durch die Maßnahmen hat sich mitten im Herzen der Trostberger Altstadt eine reiche Flora und Fauna erhalten und zum Teil neu angesiedelt. 2008 wurde der Rosengarten in den Garten-Reiseführer der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur eingetragen.Der Garten beherbergt Fundrosen aus dem Chiemgau und anderen Regionen Bayerns, in den letzten Jahren sogar aus ganz Deutschland und Österreich. Altötting, Rosenheim, Saalfelden, Westfalen und Jena nennt Marita Protte exemplarisch als Orte und Regionen, wo sie fündig geworden ist. „Dort, wo ich mich in den Sommern länger aufgehalten habe.“

Drei bis vier historische Rosensorten hatte Marita Protte bereits in den Gärten am Hang des Trostberger Schlossbergs gefunden, erzählt sie. Dann weitete sie ihre Suche aufs Umland aus. Nachdem ihr eigener Garten für ihre Fundstücke zu klein geworden war und Trostberg im Schedlinger Klostergarten eine städtische Grünfläche anlegen wollte, fügte sich das eine ins andere: Seitdem steckt Marita Protte ihr Herzblut in den ihr anvertrauten Garten.

Alle zwei Jahre wird das Rosenfest im Trostberger Rosengarten gefeiert.

Anfangs war sie noch Einzelkämpferin. Für die Pflege des Gartens stellte sie immer eine Gießkanne in eine Schubkarre und holte aus dem nahe gelegenen Alzkanal Wasser. „Dann haben aber immer mehr Leute ihre Hilfe angeboten.“ Inzwischen gibt es den Förderverein Rosengarten, dessen Vorsitzende Marita Protte ist.

„Der Rosengarten ist zu einem Ort geworden, den Menschen aufsuchen, um Ruhe zu finden, um Freunde zu treffen, um mit ihren Kindern zu spielen“, sagt Maria Protte. Hier können Naturfeunde Brotzeit machen, Feste feiern oder einfach nur die Rosen genießen. „Damit erfüllt der Garten alles, wofür Menschen Gärten schaffen“, sagt Marita Protte.

Das Areal hat für jeden geöffnet, ganzjährig, rund um die Uhr, der Eintritt ist frei. Unter anderem kommen Gruppen zu Yoga- und Qigong-Übungen in den Rosengarten; zahlreiche Interessierte aus dem Umland besuchen ihn, um sich von Marita Protte durch den Garten führen zu lassen. Seit Juni 2007 bietet sie während der Hauptblütezeit regelmäßige Führungen an, die überwältigenden Zulauf erhalten.

Rosenfeste alle zwei Jahre

Im Juni 2006 fand das erste Trostberger Rosenfest statt, das seitdem alle zwei Jahre über die Bühne geht. Heuer fiel das Fest zwar aus, aber im nächsten Jahr soll der Faden wieder aufgenommen werden. Der Förderverein veranstaltet die Rosenfeste stets ehrenamtlich und auf Spendenbasis. Der Erlös kommt dem Hilfsprojekt „Faraja heißt Trost“ zugute, mit dem die Trostberger Familie Penn vor allem körperlich beeinträchtigten Kindern einzelner Schulen in Tansania und Kenia eine Perspektive geben will.

Der Rosengarten erhielt bereits einige Auszeichnungen wie den Bayerischen Biodiversitätspreis und den Gastlichkeitspreis vom Bayerischen Wirtschaftsministerium. Zudem veröffentlichte Marita Protte kürzlich ihr Buch „Rosen sammeln – Alte Sorten finden & selbst vermehren“, das sie im Stadtkino Trostberg präsentierte und im Buchhandel erhältlich ist (ISBN 978-3-8354-1747-2).

Führungen durch den Trostberger Rosengarten sind auf Anfrage möglich (E-Mail: maaskerstingjost@posteo.de). Aktuelles und Infos gibt’s im Internet unter www.facebook.com/rosengarten.trostberg.

Text: Michael Falkinger; Fotos: Michael Falkinger (3), Marita Protte (1), luftaufnahmen-chiemgau.de (1)

Auf einer Infotafel am Eingang des Rosengartens finden die Besucher Wissenwertes über die Anlage.