Klosterbrauerei Baumburg. Im Chiemgau ganz oben

Seeoner Institution

Herbert Mayerhofer ist seit zehn Jahren Chef des „Alten Wirts“

„Ich hab da mal was vorbereitet.“ Die Älteren unter Ihnen werden sich an den Satz vielleicht noch erinnern können. Er stammt aus einer Zeit, als man den Empfang von mehr als fünf Fernsehsendern für einen Zustand amerikanischer Dekadenz hielt. Max Inzinger war einer der ersten deutschen Fernsehköche und sagte diesen Satz in den 70er-Jahren praktisch jedes Mal, wenn er im ZDF-Ratgeber- und Boulevardmagazin „Die Drehscheibe“ auftrat. Von wegen „gute alte Zeit“. Wie die meisten Aussagen in den heutigen Scripted-Reality-Formaten war der Satz schlicht gelogen. „Ich hab da mal was vorbereitet.“ Das war nicht der Inzinger, das war Herbert Mayerhofer. Unter anderem.

Schnippeln und vorbereiten, das war auch damals schon die Aufgabe der Lehrlinge. Einer dieser Lehrlinge war Herbert Mayerhofer. Seine Ausbildung hatte der gebürtige Wittibreuter (Landkreis Rottal-Inn) in Bad Füssing begonnen. Eigentlich in einem renommierten Haus. Das allerdings änderte unter offenbar massivem Kostendruck Personalpolitik und Qualitätsanspruch: Die meisten altgedienten Köche wurden entlassen, die Auszubildenden mussten zehn bis zwölf Stunden täglich schuften und hatten einen freien Tag pro Woche. „Unsere Kochkunst bestand im Wesentlichen nur noch aus Packerlaufreißen. Meinen Beruf hatte ich mir so nicht vorgestellt.“ Enttäuscht brach er die Lehre ab. Max Inzinger ermöglichte es ihm, in dessen Gasthof „Sonnenbichel“ in Ruhpolding die Ausbildung zu beenden.

Herbert Mayerhofer in Aktion.
Engagements in renommierten Häusern

Ein guter Koch lernt nie aus. Unzählige Spezialgebiete und Zubereitungsarten, der Einsatz neuer und exotischer Lebensmittel – der Kochberuf kann jeden Tag etwas Neues bringen. Darauf ließ sich Herbert Mayerhofer ein: Der Jungkoch begann seine Wanderjahre im Hotel „Zwölf Apostel“ in Altötting, wo er für Fleisch und Soßen zuständig war. „In Stoßzeiten hatten wir 700 bis 1.000 Wallfahrer täglich zu versorgen.“ Danach ging’s ins Schlosshotel Grünwald nach München. Inzingers ehemaliger Küchenmeister stellte für das exklusive Restaurant eine Mannschaft zusammen und wollte seinen früheren Schützling dabeihaben. Von dem Österreicher hat Herbert Mayerhofer viel gelernt, entsprechend spricht er mit größter Hochachtung von ihm: „Der hatte die Meisterprüfung mit zwei glatten Einsern abgeschlossen!“ Bei einem Intermezzo in einem Gasthaus in Haiming lernte Herbert Mayerhofer seine heutige Ehefrau Inge kennen und lieben. 1985 machte er sich als Wirt selbstständig und übernahm den „Steiner Keller“ in Trostberg; ab 1993 führte er drei Jahre lang den Gasthof Deisenham bei Trostberg. 1996 bekam er ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte: Er bekam Kantine und Casino der SKW Trostberg. „Das war zu der Zeit für uns einfach ideal.“ Tochter Lisa war sieben, Sohn Herbert jun. vier Jahre alt. „Inge hat immer in der Wirtschaft mitgearbeitet. Ohne sie wär’s nicht gegangen.“ Die gastronomische Selbstständigkeit ist grundsätzlich ein echter Härtetest fürs Familienleben. Wirtsleute werkeln von vormittags bis spät in die Nacht in Küche und Gaststube – da laufen Kinder oft nur nebenher. „Das wollten wir so nicht mehr.“ Der Kantinenjob verschaffte ihm etwas, was er so in seinem gastronomischen Leben noch nie hatte: geregelte Arbeitszeiten, ein sicherer Verdienst, freie Wochenenden und vor allem ein Familienleben, das diese Bezeichnung verdient.

Fast zwölf Jahre lang verantwortete Herbert Mayerhofer den Kantinenbetrieb. Aber: Das Leben ist Wandel, im Kochberuf sowieso. Die große Umstrukturierung der SKW Trostberg, die 2000 mit der Fusion ihrer Mehrheitseigentümerin Viag mit der Veba zur E.On begann und 2001 mit der Verschmelzung der Chemietöchter SKW und Degussa-Hüls zur Degussa AG (inzwischen Evonik Degussa GmbH) ihren Höhepunkt erreicht zu haben schien, nahm mit dem Verkauf der Bauchemie an die BASF nochmal Fahrt auf. Übrig blieb 2006 letztlich die AlzChem Trostberg, die – wie in den Gründerzeiten der Bayerischen Stickstoffwerke Anfang des 20. Jahrhunderts – Produkte aus Carbid herstellte. Im Zuge dessen wurde auch der Kantinenbetrieb auf den Prüfstand gestellt – und eine billigere Lösung gefunden: Ein Konzern für Betriebsgastronomie übernahm 2008 die Kantine.

Zehn Jahre „Alter Wirt“

Doch für den Koch ging’s praktisch nahtlos weiter. Die Klosterbrauerei Baumburg hatte ihm den Gasthof „Zum Alten Wirt“ in Seeon zur Pacht angeboten. Und auch diesen Schritt zurück ins gastronomische Risiko haben Herbert und Inge Mayerhofer angenommen und gemeinsam getan. „Der Biergarten und die Lage sind wunderschön, es sind ausreichend Parkplätze vorhanden – es ist alles da.“ Und was nicht da war, haben die beiden geschaffen. Einen sechsstelligen Betrag investierten sie, um den Gasthof nach ihren Vorstellungen umzugestalten: „Die alte Metzgerei haben wir ,ausgeschlachtet‘ und eine moderne Produktionsküche eingebaut.“ Derzeit arbeitet Mayerhofer mit zwei Köchen – Küchenchef Tobias Grundner und Simon Ullrich – sowie dem Auszubildenden Simon Mayer, der seine Lehre heuer beendet und übernommen wird. Im Herbst kommt ein neuer Lehrling dazu – Mayerhofers achter. Insgesamt sind im „Alten Wirt“ sechs Festangestellte und 30 Saisonkräfte beschäftigt.

Herbert Mayerhofer selbst bezeichnet seine Küche als schlicht, bodenständig und bürgerlich, alles andere als lieblos, aber auch nicht übertrieben. Wichtig ist ihm, die Preise so zu gestalten, „dass es sich auch Familien mit Kindern leisten können, bei mir einzukehren“.

Der Gasthof „Zum Alten Wirt“ in Seeon.
Spareribs-Essen, Knödlküch & Candlelight-Pastabuffet

Er achtet darauf, frische, regionale, qualitativ hochwertige und saisonale Zutaten zu verwenden. „Heuer haben wir 580 Kilo Spargel verarbeitet und im vergangenen Jahr 480 Kilo Pfifferlinge.“ Um das Geschäft in der stilleren Zeit anzukurbeln, hat der Gastronom drei Aktionen eingeführt, die sich schnell als sehr erfolgreich erwiesen: Von Mitte November bis Ende April ist immer montags Spareribs-Essen angesagt. Alternativ dazu können sich die Gäste ihre Lieblingsknödel zusammenstellen: Sie haben die Wahl zwischen Enten-, Lamm-, Wilderer-, Leberwurst-, Blutwurst-, Schmorbraten-, Spinat- und Grammlknödeln sowie Kasnockerln. Zum Nachtisch werden Marillen- und Schokoladenknödel gereicht. Von Mitte November bis Ende März steht dienstags das Candlelight-Pastabuffet auf dem Programm: Vor den Augen der Gäste bereiten Herbert Mayerhofer und sein Küchenteam Nudelspezialitäten zu; dazu gibt’s zum einen ein Buffet mit knackigen Salaten und zum anderen so manchen Tipp für die private Küche.

Für die Aktion „Jetzt geht’s rund in da Knödlküch“ haben Herbert Mayerhofer und sein Team übrigens „Werksspionage“ betrieben. „Wir sind auf die ,Knödl-Alm‘ nach Bad Mitterndorf im Ausseerland gefahren und haben durchprobiert. Und daheim haben wir uns hingesetzt und getüftelt, wie wir das möglichst genauso gut hinbekommen.“

Die Qualität hat sich jedenfalls längst weit herumgesprochen, auch dank des Catering-Services, mit dem sich Herbert Mayerhofer ein weiteres Standbein geschaffen hat. Zu seinen Kunden zählten bereits Siemens, Airbus, Deloitte und Novartis, die er auf einem Chiemseeschiff oder im Schloss Pertenstein verköstigt hat.

Auch für die Seeoner ist der „Alte Wirt“ eine Institution, die aus dem Dorfleben nicht wegzudenken ist. Der Burschenverein Seerose, die Katholische Frauengemeinschaft, die Schützengesellschaft und die Heimatbühne sind regelmäßige und gern gesehene Gäste.

Der Platz geht im „Alten Wirt“ eh so schnell nicht aus: Das Ägidiusstüberl fasst bis zu 75 Personen, das Sigismund-Gewölbe bis zu 65, das Schankstüberl 25 und der Festsaal 190. Bei Hochzeiten steht noch das Weinstüberl „Stadl“ zur Verfügung, im Biergarten ist für rund 140 Gäste betischt und bestuhlt.

Text & Fotos: Andreas Falkinger; luftaufnahmen-chiemgau.de

Herbert und Inge Mayerhofer.
Zum Alten Wirt

Altenmarkter Str. 10
83370 Seeon
Tel. 0 86 24 / 15 67
info@zum-alten-wirt-seeon.de
www.zum-alten-wirt-seeon.de
Öffnungszeiten:
Mitte September bis Ende Mai: Mo./Di./Fr. ab 17 Uhr, Sa./So. ab 11 Uhr
Juni bis Mitte September: Mo./Di. ab 17 Uhr, Fr./Sa./So. ab 11 Uhr
Ruhetage Mittwoch und Donnerstag