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Allererste Sahne

Biozertifizierte Stutenmilch vom St. Leonhards Hof bei Grabenstätt

Eine grandiose Lage im Grünen mit beeindruckender Aussicht auf Landschaft und Berge des Chiemgaus – auf dem St. Leonhards Hof in Untereggerhausen bei Grabenstätt lässt es sich gut leben – und arbeiten. Umgeben von weitläufigen Koppeln, auf denen meist Pferde weiden, häufig mit ihren Fohlen, erscheint der Haupthof der Familie Abfalter, den Inhabern der St. Leonhards-Quellen, wie ein ruhender Pol, trotz der regen Geschäftigkeit, die dort täglich stattfindet. Das Besondere am Gestüt ist zum einen die Pferderasse Leonharder, die Familienoberhaupt und Seniorchef Johann Abfalter gezüchtet hat, zum anderen die Stutenmilch, die dort gewonnen wird – laut Abfalters der einzige biozertifizierte Stutenmilch erzeugende Betrieb Bayerns.

Bei unserem Besuch des weitläufigen Hofgeländes erspäht uns zuerst Hofhund Motte, ein Bernersenn-Mischling. Freundlich begrüßt er die Fremden. Er freut sich sichtlich über uns, noch viel mehr aber über die Gelbe Rübe, die er im Maul hält und die er den Pferden stibitzt hat. Auch die Chefin hat uns bereits entdeckt und winkt uns zu sich an die Reitbahn, auf der sie gerade einen Hengst longiert. Pferde sind der natürliche Mittelpunkt des Hofes, aber auch Ziegen, Katzen und Hühner genießen sichtlich ihr Leben.

Futter bioland-zertifiziert

Cornelia Abfalter, Johann Abfalters Schwiegertochter, ist für die Rösser zuständig. Eine verantwortungsvolle Aufgabe. Mit acht Mitarbeitern wacht sie über etwa 145 Pferde. Für diese relativ große Anzahl an Pferden benötige man viel Fläche und Futter, deshalb wurden noch drei weitere Höfe mit Grünland in der Umgebung dazugepachtet, erzählt Cornelia Abfalter. Insgesamt sind es im Moment rund 100 Hektar Wirtschaftsfläche, die bearbeitet werden.

Sobald es das Wetter zulässt, dürfen die Tiere auf die Weiden. Sie fressen lediglich Heu und Gras, im Winter auch mal Heulage. Wegen der späten Mahd hat Heulage einen niedrigeren Rohproteingehalt als Silage und wird deshalb besonders häufig in der Pferdefütterung eingesetzt. Heulage ist übrigens ideal für heustauballergische Pferde. Die derzeit etwa 30 Stuten, die gemolken werden, bekommen lediglich Stroh, Heu und Gras, alles ausschließlich aus biolandzertifizierter Landwirtschaft. Gedeckt wird am Hof von übrigens im Natursprung durch einen von vier Deckhengsten und nicht mit Hilfe eines Besamers.

Gemolken wird mit einer umgebauten Melkmaschine.
Die Anfänge

Die Idee, Stutenmilch zu produzieren, um deren positive Eigenschaften den Menschen zugänglich zu machen, setzte Seniorchef Johann Abfalter bereits vor zehn Jahren mit Haflingern um, die er damals auf seinem Hof hielt. Der Nachteil: die Haflingerfohlen waren schwer verkäuflich, da die Reiteigenschaften von Haflingern in der heutigen Reiterszene nicht mehr gefragt sind. An Metzger oder Händler wollte Abfalter seine Haflingerfohlen aber auch nicht verkaufen. Deshalb züchtete der Seniorchef ab 2008 eine neue Pferderasse. Die Tiere sollten als Freizeitpferde auch für Kinder geeignet sein. Für den Leonharder wurden zunächst Haflinger mit Welsh Cob gekreuzt. Welsh Cob sind mit einem Stockmaß von etwa 1,5 Metern die größten der Welsh-Ponys. Sie gelten als besonders ausgeglichen, ausdauernd und kraftvoll. Später kam zur Veredelung ein PRE-Hengst (Pura Raza Española) hinzu. Die Pura Raza Española, zu deutsch Reine spanische Rasse, wird vor allem in der Extremadura und in Andalusien gezüchtet. Seit 1912 ist die PRE-Züchtung streng reglementiert. Der Leonharder ist eine seit 2011 anerkannte Pferderasse und ein braves Freizeit- und Familienpferd mit guten Reiteigenschaften. Darüber hinaus ist der Leonharder robust sowie für die Stutenmilchwirtschaft bestens geeignet – und die Fohlen sind gut verkäuflich. Inzwischen hat der Bayerische Zuchtverband für Kleinpferde und Spezialpferderassen schon viele Leonharder-Fohlen bewertet und auch prämiert.

Das Melken von Stuten

Cornelia Abfalter betont, „dass den Fohlen nicht ihre Nahrung vorenthalten wird, sondern nur Milch abgemolken wird, die übrig ist“. Das seien täglich etwa zwei bis vier Liter pro Pferd, pro Melkvorgang also etwa ein Liter. Eine Stute gibt rund 20 Liter Milch pro Tag. Zur Belohnung und für die Vitalität bekommen die Muttertiere selbst hergestelltes Müsli, bestehend aus Bio-Hafer, -Mais, -Gerste und -Sonnenblumenkernen.

Im Offenstall, in dem die Stuten neben ihren Fohlen stehen, wird ein umgebautes Melkgerät von einem Mitarbeiter angelegt. „Natürlich muss man aufpassen, dass nur Stuten nebeneinander stehen, die sich mögen, sonst provoziert man die sprichwörtliche Stutenbissigkeit“, erklärt Cornelia Abfalter. Übrigens warte man mindestens vier Wochen nach der Geburt eines Fohlens, bis überhaupt gemolken wird. Die Fohlen werden im Zeitraum von März bis Mai geboren und dürfen bis Ende des Jahres bei der Mutter trinken. Im Winter ist Melkpause, im Frühjahr geht es mit den neuen Fohlen wieder los – wobei die Stuten nicht jedes Jahr gedeckt werden.

Gekäst wird in Maiergschwendt bei Ruhpolding.
Die Molkerei

Gekäst wird nicht in Untereggerhausen, auch nicht mehr in Auftragsarbeit von einem Chiemgauer Käsemacher, sondern mittlerweile in Eigenregie, nämlich in Maiergschwendt bei Ruhpolding, erklärt der Geschäftsleiter der St. Leonhards-Vertriebs GmbH & Co. KG, Martin Abfalter, der Sohn Johann Abfalters. Dort hat die Familie vor zwei Jahren ihr „Herzensprojekt“ umgesetzt und die Naturkäserei St. Georg gegründet. Die Stutenmilch wird unmittelbar nach dem Melken tiefgefroren und in Ruhpolding mit Ziegenmilch vermischt (40 Prozent Stutenmilch und 60 Prozent Ziegenmilch). Die Ziegenmilch wird gebraucht, weil Stutenmilch nicht genügend Kasein hat. Dies wird jedoch zum Käsen benötigt. Die Ziegenmilch kommt von Bioland-Bauern aus dem Chiemgau und wird täglich mit der Stutenmilch nach Ruhpolding geliefert.

Die Produkte

Aus dieser 40:60-Mischung entstehen unter Zuhilfenahme von Kälberlab Süßmolke (neu ist eine Mangovariante), Camembert sowie Frisch- und Weichkäsevariationen. Letztere werden in Bio-Sonnenblumenöl von der „Teutoburger Ölmühle“ eingelegt und mit Kräutern von „Herbaria“ verfeinert. Darüber hinaus gibt’s gefriergetrocknetes Molken- oder Stutenmilch-Pulver. Alle Produkte werden unter dem Logo der Naturkäserei St. Georg vertrieben und sind biozertifiziert.

Der Camembert muss regelmäßig gewendet werden – eine der Aufgaben von Barbara Schubert.

Barbara Schubert und Alexander Huber produzieren in Ruhpolding gemeinsam mit Liebe und Sorgfalt und wachen mit Argusaugen darüber, dass die hohen Qualitätsstandards der Rohstoffe stimmen. Außerdem experimentieren sie gerne. So gibt’s mittlerweile den Ziegenkäse „Ruhpoldinger Goasskas“, einen Schnittkäse, der sieben bis acht Wochen in Naturrinde reifen darf.

Der Renner ist jedoch die Süßmolke, wie Martin Abfalter betont. „Der Geschmack ist süßlich-nussig, wirklich schmackhaft, und bringt Energie in Körper und Geist.“ Er trinkt täglich ein Fläschchen am Nachmittag, wenn der „tote Punkt“ droht – und das hilft ihm. Auch der Camembert ist ein Gaumenschmaus – aber nur für Menschen, die der „Nachhall von Ziege“ nicht stört.

Gesunde LEBENSmittel

Stutenmilch verfügt über einen hohen Gehalt an Immunglobulinen, Glykoproteinen und Vitamin C. Deshalb schwören viele Heilpraktiker auf die Stuten-/Ziegenmilch-Produkte, weil sie ein geschwächtes Immunsystem stabilisieren und Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren. Laut Martin Abfalter ist die Molke beispielsweise für die Darmgesundheit oder nach einer Chemotherapie hilfreich. Stutenmilch hat nur etwa ein Prozent Fett, das jedoch sehr reich an ungesättigten Fettsäuren ist.

In der Broschüre der Naturkäserei erfährt man, dass die Milch der Tiere seit mehr als 3000 Jahren als Heilmittel geschätzt wird, dass sie nachweislich reich an natürlichen Omega-3-Fettsäuren ist und einen hohen Anteil an essenziellen Aminosäuren enthält. Dazu kommt eine umweltfreundliche, nachhaltige Herstellung unter fairen Bedingungen für Mensch und Tier – natürlich ohne Zusatzstoffe und in reiner Handarbeit produziert. Die Produkte werden in Glasflaschen oder Gläsern angeboten. Erhältlich sind die Artikel im Online-Shop, in Naturkostläden und Biosupermärkten.

Text & Fotos: Herbert Zeilinger, St. Leonhards Hof (3)

St. Leonhards Hof

Untereggerhausen 2
83355 Grabenstätt

www.st-leonhardshof.de
www.naturkaeserei-st-georg.de
www.st-leonhards-quellen.de