Genusswelten

„Convide“: Handwerklich erzeugte Lebensmittel in höchster Vollendung

Im Schaufenster symbolisiert das Modell eines Segelschiffs die Portwein-Verschiffung in längst vergangenen Zeiten. Wein- und Olivenöl-Flaschen, Fischkonserven und vieles, was den Speichelfluss anregt, sind zu sehen. Vor dem Eingang von „Convide – kleine Genusswelten“ in der Schaumburgerstraße in Traunstein steht eine Schiefertafel, auf der Besonderheiten und Neuigkeiten angeschrieben sind, die man im Laden findet. Dienstags und donnerstags sind das mit ziemlicher Sicherheit „Luises Kaspressknödel“, freitags „Mohnhupferl“ und „Pastel de Serrano“. Luise List, Inhaberin der „kleinen Genusswelten“, lädt im „Convide“ quasi zu einer kulinarischen Reise ein. „Schwerpunkte sind nicht die Länder, aus denen die Waren kommen, sondern die handwerklichen Erzeuger.“ Dies zu betonen, darauf legt sie großen Wert.

Seit nunmehr sechs Jahren gibt es das Geschäft, zuvor zwei Jahre lang den Internet-Handel. „Das funktionierte aber nicht, weil viele dieser Lebensmittel und deren Erzeuger erklärungsbedürftig sind“, erzählt Werner List, Luises Ehemann, der öfter im Laden mithilft. „Die Produkte muss man anschauen und probieren können“, ergänzt Luise List. Und das ist nur im Laden möglich. Wenn die Zeit es erlaubt, gibt es eine Geschichte dazu, denn die beiden kennen viele der Produzenten persönlich. Dass hohe Qualität mehr kostet als beim Discounter, versteht sich von selbst, denn die Lebens- und Genussmittel werden traditionell mit viel Aufwand hergestellt. Dafür bekommt der Kunde auch ein besonderes Geschmackserlebnis und gleichbleibende, hohe Qualität geboten. Die Olivenöle zum Beispiel beinhalten das, was das Etikett verspricht – anders als die meisten Supermarkt-Öle.

„Angefangen hat alles mit dem Handel von portugiesischen Weinen und Olivenölen aus unbekannteren Regionen“, erinnert sich Luise List, „weil wir etliche Erzeuger kennen- und schätzen gelernt haben und wir deren Produkte unter die Leute bringen wollten.“ Zum Beispiel eine Familie, die seit 500 Jahren, jetzt in der 15. Generation, traditionell Weißwein macht – einen Vinho Verde. Üblicherweise ein billiges, mit Kohlensäure versetztes Irgendwas. Anders dieser Wein, der nur mit seiner natürlichen Kohlensäure, relativ niedrigem Alkoholgehalt plus Fruchtigkeit punktet.

Edles aus „kleinen Kellern“

Auch die Portweine im Laden stammen aus „kleinen Kellern“. „Um diese Winzer zu finden, muss man sich von Porto einige Kilometer wegbewegen“, weiß Luise List. Einer dieser Winzer ist Miguel Braga. Der hängte 2005 seinen Beruf in der Wirtschaft an den Nagel, um sich nur noch um das Weingut Quinta do Murão im Douro-Tal zu kümmern, das sein Vater Mário 1972 erworben hatte. Eine seiner Rebflächen befindet sich nahe des Aussichtspunktes São Leonardo da Galafura am Nordufer des Douro. Nach diesem Aussichtspunkt sind die Portweine aus dem Hause Braga benannt: Der „S. Leonardo“, den Luise List führt, ist zehn oder 30 Jahre gereift und weist vielfältige Geschmacksnuancen auf – die Aromen von Honig und Trockenfrüchten sind körperreich, angenehm weich ausbalanciert, vollmundig und von einer dezenten Süße. Traditionell werden die Trauben in Granittrögen mit den Füßen gestampft – das gibt zwar nicht so viel Ausbeute wie bei der maschinellen Pressung, dafür bleiben die Bitterstoffe draußen. Auch der Madeira im Laden ist nicht zu verachten.

Luise List vor dem „Convide“ in Traunstein. Freitags gibt’s Pastel de Serrano oder Mohnhupferl.

„Im Neckartal gibt es einen handwerklichen Schokoladenmacher namens Schell, der uns Portweintrüffel liefert, die mit einer Masse gefüllt sind, die Bragas guten Portwein enthält“, erzählt Luise List weiter. Das ist dann quasi doppelt gemoppelt, da der zehnjährige Portwein ohnehin laut Werner List „eine flüssige Praline“ ist. Schmeckt also mindestens doppelt gut. „Viele wissen auch nicht, dass es einen vorzüglichen weißen Portwein gibt. Den kann man entweder klassisch ungekühlt genießen, man kann daraus aber auch an heißen Tagen mit pürierter Honigmelone und Eiswürfeln einen wunderbaren Cocktail zaubern – oder den weißen Port mit Tonic trinken“, verrät Luise List.

Zurück zu den Olivenölen. Eine Besonderheit sind die portugiesischen Demeter-zertifizierten und vielfach prämierten Öle von „Risca Grande“. Die beiden jungen Familien Zehnder und Bernhard – nach etlichen gegenseitigen Besuchen sehr gute Bekannte der Lists – pflegen im Südosten, zwischen der spanischen Grenze und dem Fluss Guadiana, Tausende von Olivenbäumen und verarbeiten deren Früchte zu hervorragenden extra nativen Ölen. Die außergewöhnliche Qualität der Risca-Grande-Olivenöle wurde mehrfach mit renommierten Preisen ausgezeichnet. In Handarbeit ernten die Zehnders und die Bernhards nur die reifen Oliven, säubern sie von den Blättern und verarbeiten sie am selben Tag in klimatisierten Räumen unter Ausschluss von Sauerstoff. Dadurch wird der Säuregehalt nur bei 0,1 Prozent gehalten. Besonderheiten sind mit frischen Limonen, Mandarinen, Chilischoten, Knoblauch, mediterranen Kräutern oder Basilikumblättern aromatisierte Öle. Ein paar Tropfen Limonenöl zum Beispiel auf ein Fischfilet – und schon hat man ein Geschmackserlebnis der besonderen Art auf der Zunge und im Gaumen.

Von wegen Ruhetag

Montags ist Ruhetag im Laden, aber nicht für Luise List, denn da fährt sie in den Kaiserwinkel, um Bio-Butter oder -Käse einzukaufen. Letzterer findet sich dann unter anderem in den besagten Kaspressknödeln. Neben österreichischem Käse bietet sie in der gepflegten Frischetheke französische, italienische oder Schweizer Sorten an. Auch die Salami- und Schinken-Auswahl ist klein aber fein. Der Lomo (Lende), der luftgetrocknete Serrano- oder Patra-Negra-Schinken werden von einer Metzgerei aus Barcelona angeliefert. Die Patra-Negra-Schweine, eine „autochthone“ – in der Gegend von jeher beheimatete – Rasse, ernähren sich überwiegend von Eicheln, bevor sie geschlachtet werden. Der nussige, feine Geschmack unterscheidet sich enorm von den „Spezialitäten“, die mittlerweile nicht nur beim Discounter zu Spottpreisen angeboten werden.

Dazu gibt’s Bio-Brot und -Semmeln der Bäckerei Mirlach aus Palling, Marmeladen – auch aus der Region, Honig, Senf, allerlei Süßigkeiten und noch eine Besonderheit: Fischkonserven aus Frankreich. Diese Dosen beinhalten überwiegend Sardinen, eingelegt in Olivenöl, aromatisiert mit Kräutern – ein Blickfang wegen der Farbenpracht der Dosen. Aus dem griechischen Thessaloniki kommen feine Pralinen und von der Insel Lesbos ein Feta aus Ziegen- und Schafsmilch, der geschmacklich hervorragend ist. „Das absolut Beste, was es bei uns zu kaufen gibt“, wie Kunden schwärmen. Pesto aus dem österreichischen Kamptal vom „Grossauer“ begeistert viele Kunden: Da findet man Außergewöhnliches wie ein Karotten-Thymian- oder Salami-Peperoncino-Pesto – auch vegane Varianten. Das Neueste aus dem Hause sind die Essige, die der umtriebige Stefan Grossauer von einer Manufaktur im Kamptal übernommen hat und nun in Eigenregie herstellt.

Brot und Semmeln in Bioqualität.

Wenn es auch ein paar Meter weiter in der Schaumburgerstraße einen Kaffeeröster gibt: Luise List hat Kunden, die den Kaffee Hagen aus Heilbronn „wahnsinnig gern mögen“. Die Kaffeerösterei Hagen (seit 1934), ein Familienunternehmen, liefert besonders hochwertigen Kaffee. Inhaber Hanspeter Hagen war von Anfang an Mitglied in der „Deutschen Röstergilde“, die sich zu nachhaltiger Qualität, fairen Preisen für die Erzeuger sowie schonenden Röstverfahren bekennt.

Rupertirind in Gläsern

Nachhaltiges ist auch in den Gläsern der Metzgerei Heilmaier aus Waging, die unter der Marke „Rupertirind“ vermarktet werden. Da gibt es zum Beispiel Gulaschsuppe, Gulasch, Rinderbraten, Bolognese, Chili con Carne, Rouladen und Sauerbraten vom Pinzgauer Weiderind auch in Bio-Qualität. Diese alte Rasse war im Rupertiwinkel sowie in Österreich beheimatet und wird von Gottfried Heilmaier in seinem Schlachthaus in Waging „nur persönlich und stressfrei geschlachtet“, wie er versichert. Auch wenn man meist lieber selbst kocht – der Inhalt dieser Gläser steht dem Hausgemachten in fast nichts nach – eine Alternative vor allen Dingen dann, wenn’s mal schneller gehen soll. Auch original schwäbische Maultaschen mit Schweinefleisch aus der „Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall“ (BESH) nach einem alten Rezept kann man erwerben, ebenso ein schnelles Essen, entweder in der Brühe oder in der Pfanne mit Röstzwiebel gebraten, etwas Parmesan dazu – ein Gaumenschmaus. Die weit über 1.000 Mitglieder der BESH füttern ihre Tiere gentechnikfrei, die Schweine werden auf Stroh gehalten, haben mehr Platz im Stall oder Auslauf.

Was darf es denn zum Trinken sein? Einen portugiesischen Roten oder Weißen – meist aus in unseren Breiten unbekannteren Rebsorten und Lagen wie Douro, Aletejo oder Dao, lagerfähig und bezahlbar – oder lieber einen frischen, weißen Österreicher vom Weingut Steininger? Oder gleich Winzersekt? Alles Geschmackssache. Apropos Geschmack: Der Name des Ladens „Convide“ bedeutet im Portugiesischen oder Spanischen die Aufforderung, jemanden einzuladen. Also – nutzen Sie diese Einladung und lustwandeln Sie durch den Laden in der Schaumburgerstraße und lassen Sie sich Zeit – genauso, wie den meisten Lebensmittel im Laden Zeit zum Reifen oder zur optimalen Geschmacksentwicklung gegeben wurde. Übrigens stellt Luise List individuelle Geschenkkörbe in jeder Größe zusammen – sicherlich eine gute Idee, um Freunde oder Angehörige mit den „Genusswelten“ aus dem Laden zu verwöhnen.

Text & Fotos: Herbert Zeilinger

Wurst und Käse in Handwerksqualität findet man in der „Convide“- Frischetheke.
Convide – die kleinen Genusswelten

Schaumburgerstraße 1
83278 Traunstein
Tel. 0 861/90 94 95 94
www.convide.eu
info@convide.eu
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 9.30 bis 18 Uhr
Samstag: 9 bis 13 Uhr